Verdauungsbeschwerden oder Reizdarmsyndrom?

Wir befragen unseren Experten Dr. Andreas Niedenthal zum Reizdarmsyndrom

Wenn Sie sich oft mit Darmbeschwerden herumschlagen oder unerklärliche Verdauungsprobleme haben, fragen Sie sich vielleicht, ob Sie an einem Reizdarm leiden. Unsere Ernährungsexpertin Dr. Justina Dressler hat sich mit dem Reizdarm-Experten Dr. Andreas Niedenthal getroffen und ihm die häufigsten Fragen zum Thema Reizdarm gestellt.

Über Dr. Niedenthal:

Dr. med. Andreas Niedenthal ist ein erfahrener Gastroenterologe aus Darmstadt mit einem tiefen Verständnis für funktionelle Darmerkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom. Durch seine Expertise hat er zahlreichen Patienten geholfen, ihren Weg zu einer besseren Darmgesundheit zu finden..

Dr. med. Andreas Niedenthal, Gastroenterologe

Experten-Interview mit Dr. Niedenthal: Antworten auf häufige Fragen zum Reizdarmsyndrom

Was ist ein Reizdarm? Woher weiß ich, dass ich an einem Reizdarm leide?

Dr. Niedenthal: Generell handelt es sich beim „Reizdarm“ um eine funktionelle Störung des Darms. Als erstes müssen organische Veränderungen wie z. B. Entzündungen oder Tumore ausgeschlossen werden. Bei einem Reizdarm sieht der Darm so aus, als wäre er ohne Veränderungen, aber die Patienten haben sehr charakteristische Beschwerden wie Blähungen, Durchfall & Verstopfung. Die Besonderheit des Reizdarm ist, dass diese Beschwerden für eine längere Zeit vorliegen (mindestens über 3 Monate laut Definition).

Was sind die Ursachen des Reizdarmsyndroms?

Dr. Niedenthal: Die Ursachen des Reizdarmsyndroms sind vielseitig und nicht eindeutig definiert. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze, darunter eine veränderte Schmerzwahrnehmung, das autonome Nervensystem des Darms und die Rolle der Darmbakterien. Es handelt sich um eine komplexe Störung, bei der organische Schäden ausgeschlossen werden, aber dennoch der Patient unter den Symptomen leidet.

Ab welchem Punkt wird das Reizdarmsyndrom diagnostiziert, und wie stellt man sicher, dass es sich tatsächlich um einen Reizdarm handelt?

Dr. Niedenthal: Die Diagnose des Reizdarmsyndroms ist eine Ausschlussdiagnose, die auf einer gründlichen Anamnese, körperlichen Untersuchung, Blutuntersuchungen und möglicherweise weiteren Tests wie Ultraschall oder Darmspiegelung basiert. Es ist wichtig, Schäden an den Organen auszuschließen und sicherzustellen, dass die chronischen Beschwerden vorliegen, bevor eine Verdachtsdiagnose gestellt wird.

Hat man durchgehend Beschwerden oder kommen die Symptome im Wechsel?

Dr. Niedenthal: Nein. Das Interessante am Reizdarmsyndrom ist, dass es sämtliche Versionen von Beschwerden aufzeigen kann, die länger anhalten können, aber auch nur kurzzeitig oder wechselnd auftreten. Genau wegen dieser Unspezifität ist eine Reizdarmdiagnose nicht einfach zustellen.

Warum kommt es zu so unterschiedlichen Beschwerden? Was passiert da im Darm?

Dr. Niedenthal: Jeder einzelne Abschnitt des Magen-Darm-Traktes erfüllt eine spezifische Funktion. Da wir von einer funktionalen Störung reden, kann jeder Teil dieses Weges gestört werden. Zum Beispiel wird im Dickdarm Wasser resorbiert und dadurch wird der Stuhl ausscheidungsfähig. Wird also zu wenig Wasser entzogen, ist man eher der „Durchfalltyp“. Wird zu viel Wasser entzogen und die Darmbewegung ist eingeschränkt, hat man eher Verstopfung.

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Sie haben Blähungen als Symptom erwähnt. Ab wann sind Blähungen bzw. ein Blähbauch krankhaft und wie viele Pupse sind normal?

Dr. Niedenthal: Blähungen sind grundsätzlich normal. Durch Verdauungsvorgänge von Bakterien entstehen Gase, die entweichen müssen. Aber wenn vermehrt Darmgase gebildet werden, kann es zum sogenannten Meteorismus kommen, bedeutet, der Darm bläht sich enorm auf. Bei jungen Frauen kann das so aussehen, als wären sie schwanger. Eine „normale Menge“ an Blähungen wären grob gesagt 24 Pupse in 24 Stunden. Aber das ist schwer zu definieren, da keiner seine Pupse zählt. Beim Reizdarm kommt es zu mehr, die Darmwinde können teilweise nicht abgehen oder sie führen zu Schmerzen (Dehnungsschmerzen).

Wenn jemand weniger als 24-mal am Tag pupst, schließt das also einen Reizdarm aus?

Dr. Niedenthal: Nein, die Anzahl der täglichen Winde ist kein alleiniges Kriterium für das Vorhandensein oder Fehlen eines Reizdarmsyndroms. Das Reizdarmsyndrom ist durch verschiedene charakteristische Symptome gekennzeichnet, darunter Blähungen, Verstopfung, Durchfall und Schmerzen, abhängig von den vorherrschenden Untergruppen des Syndroms.

Können Symptome wie Schwindel, Schweißausbrüche und Kopfschmerzen in Verbindung mit Darmproblemen auch auf ein Reizdarmsyndrom hindeuten?

Dr. Niedenthal: Normalerweise sind Schwindel, Schweißausbrüche und Kopfschmerzen nicht die charakteristischen Symptome des Reizdarmsyndroms. Das Syndrom ist in erster Linie durch die eben beschriebenen Symptome charakterisiert. Allerdings gibt es eine komplexe Kommunikation zwischen dem enterischen Nervensystem im Darm und dem zentralen Nervensystem, was zu verschiedenen Wechselwirkungen führen kann. Schwindel kann beispielsweise eher auf HNO-Probleme hinweisen als auf eine direkte Verbindung zwischen diesen Symptomen und dem Reizdarmsyndrom.

Wie behandeln Sie in Ihrer Praxis das Reizdarmsyndrom? Setzen Sie Probiotika ein und führen Sie Stuhlanalysen durch?

Dr. Niedenthal: Die Behandlung des Reizdarmsyndroms erfolgt individuell und kann verschiedene Ansätze umfassen. Allgemeinmaßnahmen wie Stressbewältigung, Entspannungstechniken und Ernährungsumstellungen werden zunächst in Betracht gezogen. Probiotika können, als Teil der Therapie, verwendet werden. Die Behandlungsdauer kann individuell variieren, und die Effekte sollten nach vier bis sechs Wochen bewertet werden. Stuhlanalysen sind jedoch unnötig, da sie nicht das gesamte Mikrobiom erfassen und keine entscheidenden Informationen für die Reizdarmbehandlung liefern.

Kann man in der Selbstmedikation Probiotika einnehmen oder die Ernährung umstellen, um die Symptome des Reizdarmsyndroms zu lindern?

Dr. Niedenthal: Ja, nachdem die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt wurde und schwerwiegende Symptome wie Blut im Stuhl ausgeschlossen wurden, können Patienten selbstständig Probiotika einnehmen und Ernährungsumstellungen vornehmen, um die Symptome zu lindern. Gute Probiotika, die keine krankmachenden Keime enthalten, können gefahrlos verwendet werden, um die Darmflora positiv zu beeinflussen. Es ist jedoch wichtig, die Veränderungen zu beobachten und individuell zu bewerten, ob sie wirksam sind.

Empfehlen Sie Probiotika für Ihre Patienten als Teil der Behandlung?

Dr. Niedenthal: Ja, Probiotika werden empfohlen, insbesondere im Rahmen der ganzheitlichen Behandlung von Patienten. Es ist wichtig, dass die Probiotika-Stämme, die in den Präparaten enthalten sind, in Studien überprüft wurden, um ihre Wirksamkeit zu bestätigen. Dabei legt man Wert darauf, auf solide medizinische Studiendaten zurückzugreifen, die positive Effekte auf bestimmte Symptome des Reizdarmsyndroms zeigen. Der Auswahlprozess basiert daher auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, und es wird darauf geachtet, dass die Probiotika eine nachweisbare positive Wirkung haben.

Gibt es spezifische Probiotika-Präparate, die Sie besonders empfehlen?

Dr. Niedenthal: Ja, ein konkretes Präparat, das empfohlen wird, ist „Innovall RDS“ für das Reizdarmsyndrom. Innovall RDS enthält einen Lactobacillus, der dazu beitragen kann, die Darmflora zu modulieren. Es ist wichtig zu betonen, dass die Einnahme von Probiotika eine langfristige Maßnahme ist, und die Effekte sollten über einen Zeitraum von mindestens vier bis sechs Wochen beobachtet werden.

Was kann man neben einer medikamentösen Behandlung tun, wenn man Reizdarm hat?

Dr. Niedenthal: Neben der medikamentösen Behandlung gibt es verschiedene Maßnahmen, die ergriffen werden können. Dazu gehören, wie bereits erwähnt, Entspannungsübungen, Stressbewältigung und Ernährungsumstellungen. Bei Ernährungsumstellungen sollte allerdings darauf geachtet werden, blähende Lebensmittel zu vermeiden, und es kann hilfreich sein, ein Ernährungstagebuch zu führen. Zudem wurde betont, dass bei Bedarf oder nach einer Diagnose eine Ernährungsumstellung am besten unter Anleitung eines zertifizierten Ernährungsberaters erfolgen sollte, um potenzielle Schäden durch einseitige oder strenge Diäten zu vermeiden.

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