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Experteninterview: Dr. med. Axel Enninger über die Mikrobiota und deren Einfluss auf die Kindergesundheit

19.11.2024 // Lesezeit ca. 5-6 Minuten

Die Mikrobiota ist ein entscheidender Faktor für die kindliche Entwicklung und Gesundheit. Von der Geburt an beeinflusst sie das Immunsystem, die Verdauung und sogar das Risiko für chronische Erkrankungen. ApothekerInnen und PTAs können Eltern durch gezielte Beratung wertvolle Unterstützung bieten, um die Mikrobiota ihrer Kinder gesund zu halten. In diesem Interview erklärt Dr. Axel Enninger, ärztlicher Direktor der Pädiatrie 2 am Olgahospital des Klinikums Stuttgart, die Bedeutung der Mikrobiota und gibt Einblicke, wie Eltern aktiv zur Darmgesundheit ihrer Kinder beitragen können. Begleitend finden Sie praktische Tipps für Ihre Beratung am HV-Tisch.

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Warum ist das Mikrobiom gerade bei Kindern von Bedeutung?
„Das Mikrobiom umfasst die Gesamtheit der Mikroorganismen im menschlichen Körper – im Darm leben die meisten davon. Dieses Ökosystem ist bei Kindern besonders wichtig, da es in den ersten Lebensjahren die Grundlage für ein stabiles Immunsystem, eine gesunde Verdauung und eine ausgeglichene Stoffwechselregulation legt,“ erklärt Dr. Enninger. Besonders in den ersten 1000 Lebenstagen formt sich die Darmmikrobiota und beeinflusst langfristig die Gesundheit.

Beratungstipp: Eltern können unterstützt werden, ein gesundes Mikrobiom zu fördern, indem sie auf eine abwechslungsreiche Ernährung und den bewussten Umgang mit Antibiotika achten. In der Apotheke können Sie auf Probiotika hinweisen, die gezielt die Darmgesundheit stärken und das Immunsystem unterstützen.

Wie entwickelt sich die Mikrobiota bei Kindern?
„Bei der Geburt ist der Darm des Neugeborenen nahezu steril. Erst durch die Besiedelung mit Keimen aus dem Geburtskanal, der Haut der Mutter und der Umgebung wird das Mikrobiom aufgebaut,“ erklärt Dr. Enninger. Entscheidend ist auch, ob das Kind vaginal oder per Kaiserschnitt geboren wurde.

Beratungstipp: Kaiserschnittgeborene Kinder können durch Probiotika eine gezielte Unterstützung erhalten, da die natürliche Besiedlung bei ihnen oft verändert ist. Informieren Sie Eltern über Produkte, die speziell für die ersten Lebensmonate entwickelt wurden und gezielt eine gesunde Darmflora fördern.

Welche Rolle spielt die Ernährung für das Mikrobiom?
„Stillen ist der Goldstandard, wenn es um den Aufbau eines stabilen Mikrobioms geht,“ betont Dr. Enninger. Muttermilch enthält bioaktive Substanzen wie Oligosaccharide, die das Wachstum gesundheitsfördernder Darmbakterien unterstützen. „Wenn Stillen nicht möglich ist, können Säuglingsnahrungen mit präbiotischen Zusätzen eine Alternative sein, um die Mikrobiota positiv zu beeinflussen.“

Beratungstipp: Eltern, die nicht stillen können, können Sie auf präbiotische Säuglingsnahrungen aufmerksam machen, die speziell auf die Bedürfnisse von Neugeborenen abgestimmt sind. Ergänzend können Probiotika empfohlen werden, um das Mikrobiom in dieser sensiblen Phase gezielt zu fördern.

Was sind die häufigsten Faktoren, die das Mikrobiom stören können?
„Antibiotika sind einerseits lebensrettend, können aber auch das Mikrobiom erheblich belasten,“ so Dr. Enninger. Eine unausgewogene Ernährung mit verarbeiteten Lebensmitteln und ein Mangel an Ballaststoffen sind weitere Störfaktoren.

Beratungstipp: Informieren Sie Eltern über die Möglichkeit, nach einer Antibiotikabehandlung Probiotika einzusetzen, um das Mikrobiom wieder aufzubauen. Besonders Kinder, die häufig krank sind, können von einer gezielten Unterstützung profitieren.

Welche Rolle spielen Probiotika in der Kindergesundheit?
„Probiotika können bei spezifischen Beschwerden hilfreich sein, etwa bei Koliken, nach Antibiotikatherapien oder bei Reizdarmsyndrom,“ erläutert Dr. Enninger. Studien zeigen, dass bestimmte Stämme von Probiotika die Darmflora stabilisieren und die Symptome lindern können.

Beratungstipp: Empfehlen Sie gezielt Probiotika mit nachgewiesener Wirksamkeit, insbesondere bei Babys mit Koliken oder älteren Kindern mit Verdauungsproblemen. Eltern sollten wissen, dass es spezialisierte Produkte gibt, die auf bestimmte Beschwerden abgestimmt sind.

 

Gibt es Unterschiede zwischen Stadt- und Landkindern?
„Studien zeigen, dass Kinder, die auf dem Land mit häufigem Tierkontakt aufwachsen, seltener an Allergien leiden als Stadtkinder,“ erklärt Dr. Enninger. Der sogenannte „Farm-Effekt“ wird auf die vielfältigere Mikrobiota in ländlichen Umgebungen zurückgeführt.

Beratungstipp: Stadteltern können durch die Gabe von Probiotika eine gezielte Unterstützung bieten, um das Mikrobiom ihrer Kinder zu fördern. Weisen Sie auf Probiotika hin, die das Immunsystem stärken und den Mangel an natürlicher Mikrobenvielfalt in der städtischen Umgebung ausgleichen können.

Können Probiotika präventiv eingesetzt werden?
Dr. Enninger sieht für gesunde Kinder ohne Beschwerden keinen routinemäßigen Bedarf. Dennoch können Probiotika in bestimmten Situationen präventiv sinnvoll sein, etwa bei Infektanfälligkeit oder in stressreichen Phasen wie dem Schulstart.

Beratungstipp: Eltern können auf den präventiven Nutzen von Probiotika aufmerksam gemacht werden, besonders wenn Kinder häufig krank sind oder sich in Belastungssituationen befinden. Stellen Sie Präparate vor, die speziell für Kinder entwickelt wurden und deren Wirksamkeit belegt ist.

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Von Wissenschaftlern geprüft