
Beeinflussen Darmbakterien die Immunantwort auf Covid-19?
Laut aktuellen Studien kann das Darmmikrobiom des Menschen eine entscheidende Rolle bei der Abwehr des Coronavirus und der Prävention schwerer Covid-19-Symptome spielen! Jeder Mensch hat eine individuelle Ausstattung an Mikroorganismen in seinem Darm, die vielfältige Aufgaben erfüllen, so zum Beispiel die Regulation der Immunantwort auf eingedrungene pathogene Bakterien und Viren. Neuste Untersuchungen aus China1 und Südkorea2 ergaben, dass Menschen, die an Covid-19 erkranken, eine „signifikant veränderte“ Zusammensetzung des Mikrobioms aufweisen.
Universität in Hongong entdeckt Dysbiose bei Corona Patienten
Das Forschungsteam der Universität Hongkong untersuchte Blut, Stuhl und Patientenakten von Krankenhauspatienten mit Covid-19. Als Vergleichsgruppe dienten Proben von gesunden Menschen ohne Covid-19.1 Die Forscher fanden heraus, dass Patienten mit Covid-19 einen verminderten Gehalt an verschiedenen Darmbakterien aufwiesen, von denen bekannt ist, dass sie die Immunantwort einer Person modulieren. So zum Beispiel zeigten die Ergebnisse, dass Menschen mit Covid-19 niedrige Werte der Bakterienarten Faecalibacterium prausnitzii und Bifidobacterium bifidum aufwiesen. Außerdem fanden sie erhöhte Werte von Ruminococcus gnavus, Ruminococcus torques, Bacteroides dorei und Bacteroides vulgatus. Diese Bakterien spielen eine Rolle bei der Regulierung der Immunantwort und eine erhöhte Anzahl kann negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Das Vorkommen von R. gnavus und R. torques im Darm wurde bisher mit entzündlichen Darmerkrankungen in Verbindung gebracht, und B. dorei und B. vulgatus sind bei verschiedenen entzündlichen Darmerkrankungen wie Reizdarm und Colitis ulcerosa vermehrt präsent, so die Wissenschaftler in ihrer Untersuchung. Die aktuelle Studie war eine Beobachtungsstudie und kann nicht zeigen, ob Covid-19 das Darmmikrobiom verändert oder ob ein verändertes Mikrobiom zu einer schwereren Infektion führt. Eine separate Studie südkoreanischer Forscher deutet jedoch darauf hin, dass die letztere Möglichkeit die wahrscheinlichere ist.
Forschung in Südkorea bestätigt den Zusammenhang zwischen veränderten Darm-Mikrobiom und schwerem COVID-19 Verlauf
Unabhängig von der Forschung in China ergaben Untersuchungen in Südkorea, dass Menschen mit einem nicht optimal funktionierenden Darmmikrobiom ein höheres Risiko haben, an einer schweren Covid-19-Erkrankung zu leiden, da der Mangel an guten Mikroorganismen es dem Virus leichter macht, Zellen im Verdauungstrakt zu infizieren.2 Die Wissenschaftler des Laboratory for Human-Microbial Interactions der Universität Korea analysierten Daten aus verschiedenen Studien, die den Einfluss einer verminderten Darmgesundheit auf die Infektion mit Coronaviren untersuchten. Dr. Heenam Stanley Kim, der die Untersuchung leitete, ist der Meinung, dass es nunmehr stichhaltige Beweise für die Behauptung gibt, dass das Darmmikrobiom eine wesentliche Rolle bei der Immunantwort auf eine SARS-CoV-2-Infektion spielt. Ein dysfunktionaler Darm kann die Schwere der Infektion verschlimmern, weil ein reduziertes Mikrobiom es dem Coronavirus leichter macht, die Oberfläche des Verdauungstraktes und der inneren Organe zu erreichen. Diese Organe haben auf ihrer Oberfläche einen Rezeptor namens ACE2, den das Virus nutzt, um sich Zugang zu einer Zelle zu verschaffen. Der Rezeptor befindet sich in großen Mengen in der Lunge und den Atemwegen sowie im Verdauungstrakt.
Zytokinsturm als Ursache eines ausregulierten Immunsystems ist verantwortlich für die Schwere einer Infektion
Blutproben zeigten, dass das mikrobielle Ungleichgewicht mit höheren Konzentrationen von Zytokinen in Zusammenhang steht. Zytokine sind molekulare Botenstoffe und essentiell für eine funktionierende Immunreaktion, können aber bei mangelnder Regulierung des Immunsystems Schäden verursachen. Bei diesem so genannten „Zytokinsturm“ werden die Moleküle in riesigen Mengen ausgeschüttet, da ihr regulatorisches System gestört ist, wodurch sie großen Schaden anrichten. Ein charakteristisches Merkmal schwerer Covid-19-Infektionen ist, dass das Immunsystem nach einer solchen Infektion völlig aus dem Ruder läuft und in schlimmen Fällen gesunde Zellen und Gewebe angreift. Dies kann zu einem akuten Atemnotsyndrom (ARDS) führen, einem akut lebensbedrohlichen Krankheitsbild mit hoher Mortalität. Ein Hauptaugenmerk derzeitiger Medikamentenstudien für Corona Patienten liegt darauf, Zytokinstürme zu verhindern. Aus diesem Grund kommen aktuell auch oft Entzündungshemmer zum Einsatz.
Fazit
- Es besteht ein nachgewiesener Zusammenhang zwischen verändertem Darm-Mikrobiom und COVID-19-Symptomen
- Hohe Konzentrationen an Zytokinen und Entzündungsmarkern bei Patienten mit COVID-19 sind für den Schweregrad von COVID-19 Symptomen verantwortlich, das Darmmikrobiom spielt eine ausschlaggebende Rolle bei der Regulierung der Immunantwort
- Eine ausgewogene Ernährung ist der beste Weg, um ein gesundes Darm-Mikrobiom zu erhalten. Einige Bakterienarten leben in unserem Darm und helfen uns bei der Verdauung von Nahrungsmitteln, die der Körper sonst nicht verwerten könnte. Als Nebeneffekt dieses Vorgangs kurbelt das Mikrobiom den Stoffwechsel, die Verdauung und auch das Immunsystem an.
- Auch mikrobiologische Präparate können präventiv zur Darmgesundheit beitragen