Reizmagen: Wenn Essen nur noch Qual bedeutet und was Sie dagegen tun können
Experteninterview mit Dr. Niedenthal
Kurz nach der Nahrungsaufnahme kommen die Probleme: Druck im Oberbauch, saures Aufstoßen, Völlegefühl, Magenbrennen bis hin zu heftigen Magenschmerzen. Jedes Vergnügen am Essen verfliegt. Wir sprachen mit dem Gastroenterologen Dr. med. Andreas Niedenthal vom mdz – Magen Darm Zentrum in Darmstadt über den Reizmagen, die sogenannte funktionelle Dyspepsie (FD) und über eine brandneue Zusammenstellung zweier spezifischer, für die Magengesundheit wichtiger Bakterienstämme.
Herr Dr. Niedenthal, was deutet denn auf einen Reizmagen hin?
Dr. Niedenthal: Viele Betroffene klagen über ein vorzeitiges Sättigungs- und Völlegefühl, andere über Magenschmerzen, über Sodbrennen, Aufstoßen, Übelkeit oder gar Erbrechen. Wichtig für die Diagnose ist, dass diese Beschwerden über mindestens 3 Monate immer wieder auftreten, also nicht einfach nur eine momentane Befindlichkeitsstörung darstellen. Für Reizmagen-Patienten wird die Nahrungsaufnahme zur reinen Notwendigkeit, häufig sogar gefürchtet. Und das beeinträchtigt natürlich massiv die Lebensqualität.
Wie kommt es zu den Beschwerden?
Dr. Niedenthal: Um das zu verstehen, geht kein Weg an ein klein wenig Physiologie vorbei: Üblicherweise hat unser Organismus ein komplexes System aufgebaut, wie mit ankommender Nahrung umzugehen ist. Für jede aufgenommene Nahrung muss im Magen erst einmal Platz geschaffen werden. Dies geschieht normalerweise durch eine Ausdehnung des oberen Magenbereiches. Bei Reizmagen-Betroffenen ist dieser Bereich aber zu verspannt, um sich an die Menge der ankommenden Nahrung anzupassen. Weil sie dann keinen Platz hat und zudem die Magenmuskulatur bei Reizmagen-Geplagten zu langsam arbeitet, verbleibt die Nahrung länger als gewöhnlich im unteren Teil des Magens.
Ist das der berüchtigte „Klos im Magen“?
Dr. Niedenthal: Genau, viele Menschen beschreiben das so. Es fehlt eben wichtige Zeit, die Verdauung des Nahrungsbreis einzuleiten und voranzubringen. Diese Verdauungsstörungen können dann die charakteristischen Reizmagen-Symptome wie Völlegefühl, die vorzeitige Sättigung und Magenschmerzen verursachen.
Was stimmt denn da nicht mit dem Magen?
Dr. Niedenthal: Schaut man genau hin, liegt das Problem nicht nur im Magen selbst, sondern eher im ersten Teil des Dünndarms, dem sogenannten Zwölffingerdarm. Häufig ist bei Reizmagenpatienten in diesem Bereich die Zusammensetzung der angesiedelten Darmbakterien, wir sprechen von Mikrobiom, verändert und aus dem Gleichgewicht. Diese Änderung in der bakteriellen Zusammensetzung, wir sprechen von „Dysbiose“, schwächt die Struktur der Darmwand. In der Folge können Nahrungsmittelbestandteile, Allergene sowie Gallensäuren dort zu unterschwelligen Entzündungen führen.
Sie sprechen von Störungen im Darm. Aber die Symptome treten doch im Magen auf?
Dr. Niedenthal: Ja, sicher. Allerdings kommuniziert das Mikrobiom des Darms über verschiedenste Wege mit unserem Nervensystem. Diese Kommunikation zwischen Darm und Gehirn wird als Darm-Hirn-Achse bezeichnet und funktioniert in beide Richtungen. Folgerichtig können Geschehnisse im Gehirn wie zum Beispiel Stress aunsere Darmgesundheit stören. Andersherum beeinflussen Geschehnisse aus dem Darm unser Gehirn und können so beispielsweise zu einem erhöhten Schmerzempfinden oder einer veränderte Magenbewegung beitragen. Störungen im Mikrobiom bedeuten also auch oft Störungen in der Signalweiterleitung. Das hat zur Folge, dass im Magen zum Beispiel die Beweglichkeit der Magenmuskulatur beeinflusst und die Magenentleerung verlangsamt wird (Völlegefühl). Zudem kann dies die Produktion von Salzsäure ankurbeln (Sodbrennen), und den Magen allgemein sensibler auf inneren Druck machen (Magenschmerzen).
Nun gibt es eine neue Behandlungsmöglichkeit, die nicht die Symptome sondern die Ursachen des Reizmagens in den Fokus nimmt: Ein Microbioticum mit den zwei spezifischen Bakterienstämmen „Bacillus coagulans MY01“ und „Bacillus subtilis MY02“ (in Innovall® FD).
Dr. Niedenthal: Ja, es handelt sich hierbei um Bakterien, die auch natürlicherweise im menschlichen Darm vorkommen. Diese speziellen Bakterien entfalten in der Tat ihre regulierende Wirkung im Dünndarm, also genau im Zentrum der Entstehung eines Reizmagens. Dieses Überwiegen der entzündungshemmenden Bakterienstämme reduziert Entzündungsprozesse in der Darmwand, erhöht die Konzentration der für die normale Verdauung wichtigen Enzyme und normalisiert so die Kommunikation zwischen Darm und Hirn.
Gibt es hierzu wissenschaftliche Belege?
Dr. Niedenthal: Studie zeigte sich das deutlich. Innerhalb des empfohlenen Einnahmezeitraums von acht Wochen reduzierten sich die Reizmagen-Symptome bei den Studienteilnehmern um fast die Hälfte gegenüber der Vergleichsgruppe, die ein wirkstofffreies Placebo erhalten hatten. Sehr positiv vermerkt wurde übrigens die ausgezeichnete Verträglichkeit des Microbioticums.
Viele gute Gründe sprechen also für diese moderne Behandlungsmethode. Damit die Nahrungsaufnahme wieder zu genussvollem Essen mit einem guten Magen-Gefühl wird. Herr Dr. Niedenthal, danke für das Gespräch.